Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der Berufsausübungsgesellschaften – Handlungsbedarf bei der Berufshaftpflichtversicherung

Das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften vom 7. Juli 2021 (BGBl. I 2021 S. 2363), das am 1. August 2022 in Kraft treten wird, sieht auch einige wichtige Änderungen bei der Berufshaftpflichtversicherung von Sozietäten, Partnerschaftsgesellschaften und Steuerberatungsgesellschaften (künftig: Berufsausübungsgesellschaften) vor, die bei den betroffenen Gesellschaften Handlungsbedarf auslösen können. Diese Gesellschaften sollten daher rechtzeitig ihre Berufshaftpflichtversicherung bzw. Allgemeinen Auftragsbedingungen (s. dazu näher unter 3.) darauf überprüfen, ob diese angepasst werden müssen, und erforderlichenfalls entsprechende Änderungen vorbereiten bzw. Umsetzungsmaßnahmen ergreifen.

1. Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für alle Berufsausübungsgesellschaften
Nach § 55f Abs. 1 StBerG sind alle Berufsausübungsgesellschaften unabhängig von ihrer Anerkennung verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrechtzuerhalten. Damit gilt ab dem 1. August 2022 eine Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung auch für Sozietäten in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Da nach dem Wortlaut des § 55f Abs. 1 StBerG die Versicherung von der Berufsausübungsgesellschaft selbst abzuschließen ist, reicht zur Erfüllung der Versicherungspflicht eine Mitversicherung über die Versicherungen der Sozien nicht aus. Dies gilt entsprechend auch für die einfache Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 PartGG. Auch diese muss ab dem 1. August 2022 selbst Versicherungsnehmerin der Berufshaftpflichtversicherung sein. In beiden Fällen beträgt künftig die Mindestversicherungssumme 500.000,00 € je Versicherungsfall.

Bisher sind im amtlichen Steuerberaterverzeichnis nur anerkannte Steuerberatungsgesellschaften eingetragen. Aufgrund der Änderung des Steuerberatungsgesetzes sind ab dem 1. August 2022 alle Berufsausübungsgesellschaften, auch solche, die nicht als Berufsausübungsgesellschaft bzw. Steuerberatungsgesellschaft anerkannt sind, eintragungspflichtig. Berufsausübungsgesellschaften, die nach § 53 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht der Anerkennung bedürfen (insbesondere Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einfache Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 PartGG) und auch nicht freiwillig eine Anerkennung beantragen, müssen der zuständigen Steuerberaterkammer mit der Meldung der Daten für das Steuerberaterverzeichnis eine Versicherungsbestätigung vorlegen (vgl. § 55 Abs. 3 DVStB).

2. Erhöhung der Mindestversicherungssumme bei Berufsausübungsgesellschaften
Bisher beträgt die Mindestversicherungssumme bei Steuerberatungsgesellschaften und einfachen Partnerschaftsgesellschaften im Sinne des § 8 Abs. 1 PartGG 250.000,00 €. Durch die Gesetzesreform wurde die Mindestversicherungssumme mit Wirkung zum 1. August 2022 mit Ausnahme der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB), bei der die Mindestversicherungssumme wie bisher 1.000.000,00 € beträgt, erhöht. Bezüglich der Höhe der Mindestversicherungssumme unterscheidet das Steuerberatungsgesetz künftig zwischen zwei Kategorien von Berufsausübungsgesellschaften:

Bei Gesellschaften, bei denen rechtsformbedingt für Verbindlichkeiten aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung keine natürliche Person haftet oder bei denen die Haftung der natürlichen Personen beschränkt wird (insbesondere Kapitalgesellschaften wie GmbH und AG, PartG mbB) beträgt die Mindestversicherungssumme 1.000.000,00 €. Nach der Gesetzesbegründung soll dies auch für die Kommanditgesellschaft und damit auch für die GmbH & Co. KG gelten, soweit die Kommanditeinlage (Haftungssumme) durch die jeweiligen Kommanditisten voll eingezahlt worden ist, weil dann die Kommanditisten nicht mehr persönlich haften. Für Berufsausübungsgesellschaften, die keinen rechtsformbedingten Ausschluss der Haftung und keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorsehen (insbesondere Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einfache Partnerschaftsgesellschaft i. S. v. § 8 Abs. 1 PartGG, OHG), schreibt das Gesetz eine Mindestversicherungssumme i. H. v. 500.000,00 € vor. Für die einfache Partnerschaftsgesellschaft gilt die Mindestversicherungssumme von 500.000,00 €, da die Haftung der Partner nicht insgesamt beschränkt ist. Die handelnden Partner haften persönlich mit dem Privatvermögen.

Die erhöhte Mindestversicherungssumme gilt auch für bereits anerkannte Steuerberatungsgesellschaften, sodass auch diese ihre bestehenden Versicherungsverträge zum 1. August 2022 anpassen und die Anpassung gegenüber der zuständigen Steuerberaterkammer nachweisen müssen, soweit die Versicherung eine Versicherungsdeckung nicht in Höhe der neuen Mindestversicherungssumme vorsieht. 

3. Haftungsbegrenzung in Allgemeinen Auftragsbedingungen: Anpassung der Versicherungsdeckung und der Haftungsbeschränkungsklausel
Die Haftung für fahrlässig verursachte Schäden in Allgemeinen Auftragsbedingungen (AAB) kann nur dann wirksam begrenzt werden, wenn Versicherungsschutz für den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme besteht (§ 67a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StBerG). In den Fällen, in denen sich für Berufsausübungsgesellschaften die Mindestversicherungssummen ab dem 1.August 2022 erhöhen, besteht deshalb Handlungsbedarf, wenn die Haftung in AAB auch ab dem 1. August 2022 wirksam begrenzt werden soll. Beispiel: Eine SteuerberatungsGmbH, für die nach derzeitigem Recht eine Mindestversicherungssumme von 250.000,00 € vorgesehen ist, kann ihre Haftung in AAB aktuell noch wirksam begrenzen, wenn sie eine Deckungssumme von 4 x 250.000,00 € (1.000.000,00 €) abschließt. Ab dem 1. August 2022 ist für die GmbH eine Mindestversicherungssumme von 1.000.000,00 € vorgesehen. Eine wirksame Haftungsbegrenzung ist dann nur noch möglich, wenn vertraglich eine Deckungssumme von 4 x 1.000.000,00 € (= 4.000.000,00 €) vereinbart ist.

Die Haftung in AAB kann gemäß § 67a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StBerG nur auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht. Durch die Erhöhung der Mindestversicherungssumme auf 500.000,00 bzw. 1.000.000,00 € erhöht sich ab 1. August 2022 auch der Mindestbetrag der Haftungsbegrenzung durch AAB auf 2.000.000,00 bzw. 4.000.000,00 €. Daher sollten Berufsausübungsgesellschaften, die von den Veränderungen betroffen sind, rechtzeitig Anpassungen ihrer AAB in allen laufenden Mandaten vorbereiten. Denn werden die Haftungsbegrenzungsklauseln in den AAB bis zum 1. August 2022 nicht angepasst und entsprechend erhöht, werden diese ab diesem Zeitpunkt unwirksam.

Da die AAB durch diese Anpassung geändert werden, ist es erforderlich, die neuen AAB in jedem Einzelfall in die Verträge mit den Mandanten einzubeziehen. Um diesbezüglich auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern entsprechend § 305 Abs. 2 BGB die Geltung der geänderten AAB mit dem Mandanten zu vereinbaren. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass die Gesellschaft dem Mandanten die geänderten AAB übersendet und sich das Einverständnis des Mandanten zur Änderung der AAB einholt bzw. sich die neuen AAB vom Mandanten bestätigen lässt (z. B. durch Rücksendung eines vom Mandanten gegengezeichneten Exemplars der geänderten AAB).

4. Jahreshöchstleistung
Anpassungsbedarf ergibt sich ggf. auch in Bezug auf die Vereinbarung einer Jahreshöchstleistung mit dem Versicherer. Musste die Jahreshöchstleistung bisher 1.000.000,00 € bzw. im Fall der PartG mbB 4.000.000,00 € betragen, ist ab dem 1. August 2022 insoweit die Regelung des § 55f Abs. 5 StBerG zu beachten. Danach können die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden auf den Betrag der jeweiligen Mindestversicherungssumme, vervielfacht mit der Zahl der Gesellschafter und mit der Zahl der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, begrenzt werden. Ist eine Berufsausübungsgesellschaft Gesellschafter, so ist bei der Berechnung der Jahreshöchstleistung nicht die beteiligte Berufsausübungsgesellschaft selbst (d. h. nicht nur ein Gesellschafter), sondern die Zahl ihrer Gesellschafter und der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, maßgeblich. Die Jahreshöchstleistung muss sich jedoch in jedem Fall mindestens auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme belaufen.